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700 Jahre Neuendeich - welch eine Zeit!

Weit vor dieser Zeit waren es Fischer, die sich hier in einer Art Wildnis im aufgelandeten Uferrand des Ursprungstals der Elbe niederließen. Plinius bezeichnete das Marschgebiet als "ein wechselweise umstrittenes Gebiet der Natur", von dem es "zweifelhaft ist, ob es Teil des Landes oder des Meeres ist".

"Dort wohnt ein Volk auf hohen Wurten (...), darauf sind ihre Hütten gesetzt; Schifffahrern gleichen sie, wenn die Wasser die Umgebung bedecken, Schiffbrüchigen aber, wenn sie zurückgewichen sind, und um ihre Strohdächer machen sie Jagd auf die dem Meer entfliehenden Fische. Ihr Los ist, kein Vieh zu besitzen, sich nicht von Milch zu ernähren wie ihre Nachbarn, nicht einmal mit wilden Tieren zu kämpfen, da Strauchwerk erst fern von ihnen vorkommt (...)".

Später nach weiteren Auflandungen folgten dann die ersten Viehzüchter, die auf erhöhten Stellen siedelten. Wie es hier zu der Zeit aussah, kann man noch heute auf den ungeschützten Halligen erkennen. In Neuendeich sind diese ersten Besiedlungsformen als Baudenkmale im Flächennutzungsplan der Gemeinde von 1976 eingezeichnet. Die Besiedlung der Elbmarsch konnte bis zum Beginn des 12. Jahrhunderts nur lückenhaft sein, da eine vollständige Eindeichung nach allen Überlieferungen nicht erfolgt war. Die Marsch war eine Seenlandschaft, die von Wasserläufen durchzogen war. Die Bewohner der Geest fanden in dieser Sumpflandschaft häufig die letzte Zuflucht vor den Angriffen fremder Völkerstämme.

Der Deichbau - oder: Der Kampf gegen das Wasser

In der Literatur erschienen die Namen der heutigen Ortsteile Oberrecht, Rosengarten, Schadendorf und Schlickburg als selbstständige Ortschaften zu unterschiedlichen Jahreszahlen. Den Namen "Overerichte" fanden wir erstmals 1322 wieder, die Namen Rosengarten, Schadendorf und Kuhlworth sind auf einer Tafel der Grafschaft Holstein aus dem Jahre 1588 überliefert. Vor 200 Jahren, also 1803, lebten in Neuendeich 542 Menschen. Heute zählen wir 516. Diese Zahlen belegen die Kontinuität der Entwicklung. Der wahrscheinlich wichtigste Grund für die beständige Bevölkerungszahl dürfte das Deichrecht sein. Wann in unserem Dorf genau mit dem Deichbau begonnen wurde, ist leider nicht bekannt. Verbreitet ist die Ansicht, dass holländische Einwanderer im 12. Jahrhundert die Kunst des Deichbaus mitbrachten. An anderer Stelle steht geschrieben, dass die elbischen Sachsen in der Mitte des 10. Jahrhunderts mit dem Deichbau begonnen haben. Sicher ist aber, dass Deicharbeit Dienstpflicht war und immer noch ist. Deichverletzungen galten als das schwerste Verbrechen in alten Zeiten und wurden wie Körperverletzung geahndet.

Jahrhundertelang haben die Menschen gegen Sturmfluten gekämpft, bis sie eine relative Sicherheit erreichten. Im Jahre 2002 sind wir auf eine andere Gefahr aufmerksam gemacht worden: das Wasser von innen. Die Gräben und Wettern, die Siele und Pumpen sind ebenso lebensnotwendig und müssen von allen Marschbewohnern gepflegt und unterhalten werden. Hier gilt unser Dank den freiwilligen Helfern des Deich- und Sielverbandes, die für uns die wichtige Pflege übernehmen.

"Wer aber Deiche und Dämme in vorsätzlicher, boshafter Weise durchsticht, dass dadurch unserm Lande und Leuten ein großer merklicher Schaden widerfährt, soll den gemeinen Rechten nach lebendig verbrannt werden." Trotz der Deiche und des strengen Deichrechtes hörte der Kampf der Neuendeich gegen das Wasser nie auf. Am 7. Oktober 1756 brachen die Deiche an vielen Stellen und die Marsch stand 3 Wochen unter Wasser. Hier in Neuendeich wurden 5 Katen weggeschwemmt, 36 Menschen ertranken, 15 Scheunen -vollgefüllt mit Korn und Heu- und 14 Backhäuser verschwanden in den Fluten. Allein 109 Pferde gingen verloren. Vom 4. - 8. Februar 1825 brachen die Deiche bei einem flauen Sturme mit den höchsten bis dahin gemessenen Wasserständen. Die Folge war auch eine abnehmende Bevölkerungszahl. 1850 lebten in Neuendeich noch 347 Menschen, davon waren allerdings 86 Schulkinder! Die Struktur war eine gute Mischung aus Landwirtschaft und Gewerbe. 1850 gab es hier allein 4 Muschelkalkbrennereien und 3 Wirtshäuser! In der Mitte des 19. Jahrhunderts wurden die Deiche so erhöht und verstärkt, dass hier in der Seestermüher Marsch keine weitausgreifenden Sturmflutkatastrophen mehr entstanden. Die Sturmfluten von 1962 und 1976 verschonten Neuendeich auch deshalb, weil die Stöpen höher gebaut wurden und ein neues Profil bekamen. Zusätzlich schützen uns heute die beiden Sperrwerke an der Pinnau und Krückaumündung.

Die "redenden Häuser"

Eine weitere Gefahr für unsere Vorfahren waren die kriegerischen Auseinandersetzungen, die bis nach Neuendeich hineingetragen wurden. Die Folgen des Dreißigjährigen Krieges von 1618 bis 1648 und des sogenannten Schwedenkrieges von 1643 bis 1645 waren verheerend. Doch die Neuendeicher waren stark im Willen, den Gefahren zu trotzen und stark im Glauben an die Liebe und Güte Gottes und bauten immer wieder neu auf. So gibt es hier noch einige Zeitzeugen, die besonders wertvoll sind für die Geschichte unseres Dorfes. Einige reetgedeckte landwirtschaftliche Gebäude entstanden nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges und werden heute die "redenden Häuser" genannt. Die kunstvollen Hausinschriften erzählen von den Menschen und Ereignissen der damaligen Zeit.

Anna "Anno 1645 den 5 Februari ist hir Ein Hausz van Den Swedischen Soldaten Vorbrent in kriges Unrouw Anna 1646 Den 25 Juni is Didt Huzs Dorch Godtes Gnade van Johann Wite und Siner Frouwen Alke Wite Wedder Erbauet." (Hausinschrift auf dem Hof im Oberrecht 71 - 73). Zu diesen kriegerischen Auseinandersetzungen wüteten Krankheiten und Seuchen. Es wurde gebrandschatzt und gestohlen. "Der Herr behüte dieses Hausz fur Wasser Krieg und Brand. Er segne uns mit milder Hand. Er lasz sein lieben Engelein Behüter und Wächter um uns sein. Peter Kahlk Lucia Kahlken Anno 1766 Den 18 Julius" (Hausinschrift auf dem Hof von H.J. Kahlke, Oberrecht).

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