„Golf hat ein besseres Image verdient.”
Abschlag: Dieses Motto wird vom GC Gut Haseldorf vorgelebt.
HASELAU. Die Sonne ist noch von Wolken verhüllt, es ist frisch draußen. Nebel liegt auf der 65 Hektar großen Anlage des Golfclubs Gut Haseldorf in Haselau. Morgentau bedeckt den kurz geschorenen, gepflegten Rasen. Es ist kurz nach 7 Uhr: Die Gelegenheit für Iris Rach, vor dem Arbeitsantritt noch ihrem Sport nachzugehen. Die Unternehmerin aus Uetersen arbeitet im Ruhrgebiet, ist in ihrem Betrieb für 260 Mitarbeiter zuständig und pendelt regelmäßig zwischen Uetersen und Bochum. Sie weiß: Beim Golf kann sie völlig abschalten.
„Ich habe im Beruf viel Stress, schaffe es aber immer, Herr der Situation zu bleiben. Wenn ich aber meinen ersten Abschlag mache, fange ich an zu zittern, so aufgeregt bin ich”, schildert Iris Rach ihre sportliche Leidenschaft, die sie voll in ihren Bann zieht. Lebensgefährte Michael Martens, ein durchtrainierter Mann, pflichtet ihr bei: „Golf spielen – es gibt nichts Besseres.”
Immer mehr Schläger werden in den frühen Vormittagsstunden beim Golfclub Gut Haseldorf zusammengepackt und die kleinen Trollys aus dem Schuppen gerollt. In der Ferne ist eine Frau zu sehen, die mit ihrer Tochter auf dem Golfkurs unterwegs ist. Auch das älteste Mitglied des Vereins macht sich gerade startklar: Hans-Peter Kremer, 87, ist etwa dreimal in der Woche auf dem Grün anzutreffen. Warm eingepackt und mit regensicheren Sachen bekleidet, begibt er sich auf den Weg zum ersten Loch.
Ebenfalls zu so einer frühen Stunde schon im Klubhaus: Der hauptamtliche Geschäftsführer Wolfgang Prozies und der ehrenamtliche Pressewart Peter Heinze. Für beide ist die Arbeit im Klub ein Fulltimejob: „Einer von uns ist eigentlich immer hier. Sogar am Wochenende wird durchgearbeitet”, erklärt Heinze, der auch Funktionen im Vorstand hat. Der Blick ins Gelände ist faszinierend. Auch der Klubpräsident Udo Prinz von Schoenaich-Carolath, der dem Golfsport offen gegenüber steht, erfreut sich an einer ausgesprochen großzügigen Anlage. Er fördert auch die Kultur, auf seinem Gut in Haseldorf ("Rinderstall") finden häufig Lesungen und Konzerte im Rahmen des Schleswig-Holstein-Musikfestivals sowie der Reihe „East meets West”, deutsch-japanische Freundschaftskonzerte, statt.
Der Platz in Haselau ist fast vollkommen dräniert. Die Anlage liegt unterhalb des Meeresspiegels, der Boden ist biologisch sehr wertvoll und speichert viel Wasser, was eine Dränage notwendig macht. „Wir sind dabei, das ganze Gelände zu dränieren. Später kommt dann Kies drauf und nach zwei Stunden kann schon wieder gespielt werden”, so der Naturliebhaber Heinze. „Golf ist nicht nur Sport, sondern auch Landschaft. Und wer sich in Demut üben will, sollte mit Golf beginnen.”
Wolfgang Prozies und auch Peter Heinze vertreten eine Philosophie. „Ob Firmenbesitzer, normaler Arbeitnehmer oder Jugendlicher – beim Abschlag sind alle gleich”, sagt Prozies. Dem Vorstand ist es das wichtigste Anliegen, dass der Golfsport ein besseres Image bekommt, darunter habe der Sport in der Vergangenheit stark zu leiden.
Prozies verteilte kürzlich mehrere hundert Gutscheine in der Öffentlichkeit. Die Haselauer bieten sonnabends unter anderem Schnupperkurse an, die dazu beitragen sollen, Interesse zu wecken und dem Golfsport zu mehr Popularität zu verhelfen. Prozies: „Wir versuchen die alten Barrieren abzubauen. Man braucht keinen Porsche zu fahren, muss keine Rolex tragen und man muss auch nicht 75 Jahre alt wie in den traditionsreichen Klubs sein – Golf ist für Jedermann da.” Dazu dient auch der Erlebnistag, den der GC Gut Haseldorf anbietet. Um 9 Uhr werden die Gäste bei einem gemeinsamen Frühstück begrüßt. Eine Stunde später beginnt bereits die erste Trainingseinheit. Nach dem Mittagessen startet die zweite und nach einer Kaffeepause am Nachmittag werden erneut Bälle eingelocht.
Die HSV-Spieler fühlen sich in der Marsch auch pudelwohl
Die jüngsten Spieler in Haseldorf sind sechs Jahre. Jeden Dienstag und Freitag findet Jugendtraining statt – über Zuwachs würde sich der Vorstand freuen. Insgesamt gibt es drei Golflehrer, die auf 18 Bahnen zeigen, wie der Schläger geschwungen wird. Für Peter Heinze ist der Spaß am Sport von hoher Bedeutung. „Jeder, der Golf spielen möchte, kann hier eine Heimat finden.”
Die Verantwortlichen des Vereins suchen Partner und Sponsoren, mit denen sie zusammenarbeiten können. Am "Tag der offenen Tür" stattete auch der Vorsitzende der HSV-Golfabteilung, Sven Freese, dem GC Gut Haseldorf ein Besuch ab. Freese war beeindruckt davon, wie sich die herrlich gepflegte Anlage am Heister Feld präsentiert. Die Folge: Nach einem Gespräch mit Wolfgang Prozies absolviert der HSV sein Training und die Wettspiele in Haseldorf. So fanden bereits zum neunten Mal die HSV-Open auf dem Grün in der Marsch statt. Die Haseldorfer tragen viele Turniere aus. Neben dem „Golf Punk”, einer Serie von 16 bis 20 Turnieren, die hier ins Leben gerufen wurde, gehört das „Louis Roederer Trophy” zu den größten Sport-Events. Dabei handelt es sich um ein prestigeträchtiges Damenturnier mit 140 Teilnehmerinnen, das bereits im Juni zum elften Mal stattfand.
Die Pflege des Platzes erfordert Filigranarbeit
Im April ging für die insgesamt 650 000 Aktiven, die im Deutschen Golf-Verband in rund 650 Vereinen organisiert sind, die Saison los. Die Golffreunde in der Marsch sind dabei immer gut vorbereitet: Routinier Bernd Seifert, der kürzlich zum ersten Mal Landesmeister der Senioren wurde (die PZ berichtete), ist als Spielführer für die sportliche Organisation zuständig. Head-Greenkeeper Martin Hammer und Wolfgang Prozies sorgen dafür, dass sich die Rasenflächen stets im Topzustand befinden. Top auch die Bewirtung: Küchenchefin Claudia Gill gewährleistet, dass das Klubleben nicht zu kurz kommt und alle Mitglieder stets bestens versorgt werden. „Wenn unsere Sportler hier einen schönen Tag hatten und hinterher zufrieden nach Hause gehen, dann haben wir alle einen guten Job gemacht”, erklärt Geschäftsführer Prozies.
Von Heiko Sellin und Karsten Jaeger
Artikel im Hamburger Abendblatt - Ausgabe Pinnebeger Zeitung am 13.08.2011